Empathie ist eine ständige Übung des Schauens, Denkens und Fühlens, wie es ein anderer Mensch tut, so einzigartig, so verschieden von mir und gleichzeitig mit so vielen Gemeinsamkeiten. Wir alle brauchen einen wahrnehmenden Blick, um uns sicher zu fühlen. Können wir uns darin üben, uns selbst das zu geben, was wir empfangen wollen?
Darin hat mich das Zusammenleben mit dem Asperger-Syndrom geschult. Dieses hat auch dazu beigetragen, entscheidende Fertigkeiten als Beraterin zu entwickeln.
Die erste Zeit nach dieser Diagnostik bei einem meiner Söhne war hart. Die Umgebung, unter anderem die Schule, schien kein ausreichendes Verständnis für seine Veranlagung zu haben. Es mangelte oft an Informationen darüber, manchmal aber auch an Interesse. Das Ergebnis: Bitteres ausgeschlossen werden.
Der Blick der Umgebung war uns also nicht gleichgültig. Ich merkte jedoch, dass ich nicht negativ darauf reagieren wollte. Vielmehr schien mir nützlicher, aus diesem Ausschluss den Impuls zu nehmen, mehr über Autismus zu lernen und dies weiterzugeben. Innerhalb der Neurodiversität haben sich gewisse Menschen anders als die Mehrheit entwickelt. Sie und deren Nahestehende bedürfen besonders des Einfühlungsvermögens ihres Umfeldes.
Information, Interesse, Empathie, ist eine grundlegende Dreiheit für das Zusammenleben innerhalb der menschlichen Vielfalt. Viele Menschen fühlen sich “anders”, aus kulturellen, sexuellen oder sonstigen Gründen. Sie haben es schwer, sich in die Gemeinschaft eingewebt zu fühlen. Das schmerzt.
Empathie ist ein Hauptschlüssel für Resilienz. So zielt meine Herangehensweise darauf, dass der Mensch trotz und Dank herausfordernder Lebenslagen seine eigenen Kräfte entfalten kann.
Wir alle brauchen uns von einem bejahenden, urteilslosen Blick, wahrgenommen zu werden, um uns wohl zu fühlen. Können wir uns darin üben, unseren Mitmenschen das zu geben, was uns auch gut tun würde?
Dies wäre sicherlich ein wertvoller Beitrag zu einer friedvollen, echt inklusiven Gesellschaft.
Patricia Santamaría
Januar 2023